In 10 Minuten lernen, Ihr Publikum zu begeistern – die Methode der Rede-Profis

Paul und Lisa sind das grausamste Publikum der Welt. Sie wollen immer Spaß. Immer Action. Denn irgendwas ist immer spannender. Paul und Lisa sind Kinder. Sie wollen zum Zuhören motiviert werden, sonst beschäftigen sie sich anderweitig. Bei Erwachsenen ist es genau dasselbe. Wie begeistert man also umtriebige Kinder (und die Erwachsenen gleich mit)?

Die Profis kennen die Antwort: Mit Geschichten.

Gewinnen Sie die Menschen mit einer tollen Erzählung – so wie die Gebrüder Grimm, Scheherazade aus 1001 Nacht oder Barack Obama, einer der Top-Redner unserer Zeit… Geschichten-Erzählen ist so alt wie die Menschheit selbst – und deshalb so wirkungsvoll. Auch und gerade in Business-Präsentationen, denn da müssen Sie harte Fakten an den Mann und die Frau bringen. Ohne zu langweilen.

Wie Sie eine gute Story erzählen und die Leute dazu bringen, an Ihren Lippen zu kleben, das lesen Sie hier: in unserer Anleitung zum rhetorischen Storytelling für smarte Redner.

Publikum begeistern mit Geschichten – Warum lieben wir Geschichten?

Warum lieben wir Menschen Geschichten so sehr? Weil sie zwei unserer Grundbedürfnisse befriedigen:

“Wir sind neugierig und wollen unterhalten werden.”

Geschichten verbinden beides miteinander und stillen so unser Informationsbedürfnis auf unterhaltsame Art. Erinnern Sie sich noch an die Sagen der alten Griechen? Eine Helden-Story, die den Zuhörern zeigte, wie man gut handelt. Irgendwie wirkungsvoller, als der erhobene Zeigefinger des Lehrers, oder?

Eine gute Geschichte ist Rhetorik in Reinform. Denn sie will unterhalten, informieren und bewegen. Also alles, was auch Rhetorik will. Wenn Sie rhetorisch erfolgreich sein möchten, dann sollten Sie sich immer an die drei Grund-Prinzipien

  • Unterhalten
  • Informieren
  • Bewegen

halten.

Warum nicht also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und alle drei durch eine Geschichte umsetzen? Geschichten verdeutlichen komplexe Sachverhalte rascher als eine reine Fakten-Erklärung, deshalb eignen sie sich so wunderbar fürs Unterhalten und Informieren. Denken Sie einmal an die modernen TV-Dokumentationen. Die machen das auf dieselbe Weise: mit ihren eingespielten Szenen hauchen sie der Informationsübermittlung Leben ein. Nicht umsonst nennt Vladislav Melnik die Story eine „Mini-Dokumentation.“

Bieten Sie in Ihren Präsentationen den Leuten ähnliches Infotainment. Inhalte und Botschaft werden sich viel besser in den Köpfen Ihrer Zuhörer festsetzen. Und vielleicht lässt Ihr Rede-Gegenstand es ja zu, Ihr Publikum emotional zu berühren?

Was macht eine gute Geschichte aus?

Eine gute Geschichte berührt, sie wirft das Kopf-Kino an. Wie Sie das bewerkstelligen, verrät der wichtigste Rhetorik-Trainer der Antike, Quintilian:

Gestalten Sie die Vorgänge Ihrer Geschichte so, „dass man eher glaubt, sie zu sehen als zu hören.“

Der Clou einer guten Story liegt in ihrer alltäglichen Außergewöhnlichkeit. Das ist kein Widerspruch in sich: Eine Geschichte muss immer in die Alltagserfahrungen Ihrer Zuhörer passen, sodass bei ihnen der Eindruck steht:

“Ja, das hätte mir auch passen können.”

Ihre Story muss glaubhaft sein. Andererseits muss sie außergewöhnlich genug sein, um die Menschen für einen kleinen Augenblick zum Träumen zu verführen. Ihre Story muss ein Helden- oder Ideal-Potential haben.

Die 5 klassischen Elemente einer guten Geschichte

Jede Story hat diese 5 Grundpfeiler, die sie auszeichnen:

  1. Eine emotional bedeutende Ausgangssituation
  2. Eine (sympathische) Hauptfigur
  3. Konflikte und Hindernisse, die die Hauptfigur überwinden muss
  4. Eine erkennbare Entwicklung (also: einen Vorher-Nachher-Effekt)
  5. Ein Fazit, das sich auf das Leben der Zuhörer anwenden lässt (Moral von der Geschicht’)

Verdeutlichen wir das einmal am Praxisbeispiel: Die Geschichte der „Deichgrafen“ Lars und Ina aus dem Werbe-Spot für Google.

  1. Die Ausgangslage ist sehr emotional: Die Stadt Halle wurde von einer großen Flut heimgesucht – es herrscht Katastrophen-Alarm.
  2. Lars und Ina, zwei ganz normale Menschen wie Du und Ich. Keine Helden, keine Stars. Bodenständig, sympathisch.
  3. Das Chaos, sagt Lars, sei so groß gewesen, dass sie sich erst einen Überblick verschaffen wollten – und dann kam die hilfreiche Idee mit der Google-Karte: Gefährdungsbereiche und Anlaufstellen für Betroffene markieren.
  4. Der Vorher-Nachher-Effekt ist gigantisch: über 240.000 Aufrufe, Bändigung des Chaos, Rettungskräfte greifen auf die Karte zurück, die Zeitung schreibt darüber – kurz: Lars und Ina wurden zu Helden.
  5. Das Fazit: Menschen können einander helfen, indem sie die neuen Funktionen von Google Maps nutzen. So wurden Lars und Ina zu „Deichgrafen“, zu Helden – etwas, das auch Du und Ich schaffen können.

So leicht können Sie Fakten rüberbringen. Das klappt natürlich auch ohne Video, denn der Star ist hier nicht das Medium, sondern die Geschichte, die das Medium erzählt.

Diese 5 Fehler sollten Sie vermeiden, wenn Ihre Story gut sein soll

  1. Ihre Story ist zu lang oder zu kurz: Kommen Sie auf den Punkt. Sagen Sie nur das Nötigste. Lassen Sie Kopf-Kino entstehen.
  2. Keine Moral von der Geschicht’: Sie erzählen die Story nicht just for fun. Definieren Sie deshalb Botschaft und Ziel der Story, bevor Sie sich die Geschichte ausdenken. Dann wissen Sie genau, wohin die Reise gehen soll.
  3. Kein Call to Action: Sie sollten sich vorher überlegen, was sie erreichen wollen: Was soll das Publikum nach Ihrer Geschichte denken, fühlen, tun?
  4. Zu unglaubwürdig: Wenn Dinge irgendwie nicht zusammenpassen, dann überzeugen Sie nicht. Vermeiden Sie logische Fehler, indem Sie eine klare Erzählstruktur, einen roten Faden, entwickeln. Außerdem sollte Ihre Geschichte zu Ihnen und Ihrem Unternehmen passen, Stichwort: Authentizität.
  5. Keine Publikums-Orientierung: Die Leute müssen sich von Ihnen angesprochen fühlen. Fragen Sie sich: Wer sind meine Zuhörer, was brauchen Sie, was hilft ihnen? Binden Sie das Publikum mit ein. Das sorgt für Aufmerksamkeit und Verbundenheit mit der Story.

Jetzt aber mal praktisch: Wie erzählen Sie eine gute Geschichte?

Geschichten sind emotional. Deshalb sind sie ja so toll. Machen Sie das Komplizierte verständlich, das Abstrakte konkret, das Sachliche gefühlvoll. Menschen wollen keine 5 Gigabyte in ihrer Hosentasche, sondern 1000 Songs. Machen Sie aus den Eigenschaften einen Nutzen. Erklären Sie so, dass nicht nur jeder versteht, sondern es sich jeder vorstellen kann.

Was heißt das konkret? Erschaffen Sie ganze Bilderwelten. Wie das geht, erklärt Kerstin Hoffmann:

„Das geht nur, wenn man die richtigen die richtigen Schlüsselbegriffe findet, anhand derer der Leser […] das restliche Universum sozusagen dazudenkt. Und dazufühlt!“

Verwenden Sie an den richtigen Stellen Worte mit reichen Assoziations-Feldern. Geben Sie Gründe und Motive an. Anstatt nur trocken zu vermelden, dass nach dem König die Königin verstorben sei, könnten Sie erläutern, warum: Der König starb, daraufhin verstarb auch die Königin aus Kummer und Verzweiflung. Und schon wurde die Geschichte nachvollziehbarer, gefühlvoller, menschlicher. Vielleicht haben Sie ja sogar gerade ein bisschen Mitleid mit der Königin?

Erregen Sie Neugier. Etwas Überraschendes, Widersprüchliches, Geheimnisvolles sorgt für den Kitzel, der die Leute aufhorchen lässt. Ein schönes Beispiel gibt Audrey Hepburn. Die legendäre Schauspielerin meinte einmal, wenn sie eine Autobiographie schreiben würde, finge sie so an:

„Ich wurde in Brüssel, Belgien, am 4. Mai 1929 geboren … und starb sechs Wochen später.“

Was ist ihr passiert? Und vor allem: Wie paradox ist es doch, dass eine Tote eine Autobiographie schreibt! Solche Widersprüche und Cliff-Hanger fesseln unsere Aufmerksamkeit ungemein.

Der didaktische Fünf-Satz: das Grundgerüst für Ihre Geschichte

Den Ablauf von Ereignissen, die aus bestimmten Ursachen entstanden sind, bezeichnet man in der Fachsprache als Plot. Dieser Plot ist das Grundgerüst Ihrer Geschichte. Was ist wann und warum mit wem geschehen? Ein typischer Plot, der nahezu immer funktioniert, ist der klassische didaktische Fünf-Satz:

  1. Praxis
  2. Analyse
  3. Abstraktion
  4. Synthese
  5. Praxis

Verdeutlichen wir ihn an einem (hübsch nostalgischen) Beispiel aus der Spülmaschinen-Werbung:

  1. Praxis: Die Dame hat gleich Besuch – und zwar von Ihrer Flamme, dem Nachbarn. Quasi eine Alltagssituation. Oder so ähnlich…
  2. Analyse: „Ein ganz toller Typ und der hat auch immer ganz saubere Gläser – nur ich nicht. […] Die Gläser sind total stumpf, man kann überhaupt nicht durchgucken“, echauffiert sie sich in die Kamera. Und analysiert dabei die Lage: eine Krise.
  3. Abstraktion: Cut auf zwei Spülmaschinen. Das regelmäßige Spülen lässt Gläser abstumpfen.
  4. Synthese: Die Lösung: „Calgonit Ultra mit dem Kalk-Belag-Blocker. Der schafft auch die Beläge, die andere Reiniger nicht schaffen. Für reinen Glanz.“
  5. Praxis: Wieder zurück zur Frau. Sie hat ein sauberes Glas, ist ganz entspannt. Botschaft: Calgonit sorgt dafür, dass Sie jederzeit (wichtigen) Besuch empfangen können, denn Ihre Gläser sind sauber und rein.

Problem gelöst, Krise abgewendet, dank Calgonit. Jetzt klappt’s auch mit dem Nachbarn. Na dann.

Dieses Schema lässt sich auf nahezu alle Produkte, Dienstleistungen oder Sachverhalte anwenden. Machen Sie es zur Grundlage Ihrer Geschichte, dann klappt’s auch mit der Begeisterung der Zuhörer.

Fazit

Hier sind die Grund-Regeln des erfolgreichen Storytelling. Eine kurze Checkliste, die Sie bei jeder Präsentation oder Rede unterstützen wird:

  • Neugier: Machen Sie Ihr Publikum neugierig auf die Infos, die Sie bieten.
  • Identifikation: Bieten Sie Ihren Zuhörern etwas, womit sie sich identifizieren können.
  • Relevanz: Holen Sie die Leute bei ihren Problemen ab.
  • Nutzen: Bieten Sie einen Mehrwert in Ihrer Story, der den Leuten konkret hilft.
  • Botschaft: Definieren Sie für sich selbst im Vorfeld klar Ziel und Botschaft der Geschichte.
  • Glaubwürdigkeit: Sorgen Sie für eine logische, plausible Darstellung, die auch zu Ihnen passt.
  • Begreifbarkeit: Ihr Publikum soll es nicht nur verstehen, sondern sich auch vorstellen können.
  • Call to Action: Fordern Sie zur Handlung auf.
  • Emotion: Das Wichtigste ist, dass Ihre Geschichte emotional berührt – dann bleibt sie im Kopf, wirkt im Herzen und animiert zur Handlung.

Oder wie Don Draper, der Werbetexter aus der Serie Mad Men, treffend rät:

Make it simple but significant.“

 

Was sind Ihre Top-Tipps für Storytelling? Bereitet Ihnen etwas Schwierigkeiten beim Erzählen von Geschichten, beim Begeistern der Zuhörer? Schreiben Sie uns in den Kommentaren! Wir helfen gern weiter.

 

Foto: M. Muchow / pixelio.de



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