„Warum hört mir keiner zu?“ – Interesse wecken bei lustlosen Teilnehmern

Haben Sie schon einmal versucht, ein Nilpferd zu motivieren? Dafür müssen Sie nicht mal in den Zoo gehen. Ein Meeting reicht völlig aus. „Nilpferde“, so bezeichnet Magda Kelber Menschen, die als lustlose und desinteressierte Teilnehmer im „Konferenz-Zoo“ hocken und hoffen, dass der ganze Spaß bald vorbei ist.

Solche Nilpferde müssen Sie motivieren und zum Zuhören animieren. Wenn Sie es schaffen, deren Interesse zu wecken, dann kleben Ihnen alle anderen an den Lippen. Versprochen. Aber wie motiviert man ein Nilpferd zum Aufmerksam-Sein? Mit diesen fünf simplen Tricks aus der Rhetorik werden Sie zum Nilpferd-Bändiger und Aufmerksamkeits-Jäger.

Nach 30 Sekunden fällt das Urteil

Wenn Sie zu reden beginnen, haben Sie ca. 30 Sekunden Zeit, ehe sich Ihr Publikum ein Urteil über Sie macht. Binnen dieser Zeit müssen Sie unter Beweis stellen, dass es sich lohnt, Ihnen zuzuhören. Sonst war’s das mit der Aufmerksamkeit.

Der Anfang ist deshalb eine der entscheidendsten Stellen von Reden oder Präsentationen, um rhetorisch das Eis zu brechen. Fertigen Sie ihn immer als letztes an. Dann wissen Sie, wohin Ihre Rede oder Präsentation genau geht und was die Methode sein könnte, die

  • bei Ihren Zuhörern am meisten Interesse weckt und
  • am besten zu Ihrem Inhalt passt.

Jetzt aber zu den konkreten Tipps für den Umgang mit lustlosen Teilnehmern und desinteressierten Störern:

1. Beim Publikum Interesse wecken: Machen Sie sich nützlich!

Drehen wir den Spieß doch einfach um: Fragen Sie sich selbst, warum Sie jemandem irgendwann einmal nicht zugehört haben. Weil er langweilig war? Vielleicht. Aber auch Langweiliges kann unsere Aufmerksamkeit erregen – nämlich dann, wenn wir darin einen Nutzen sehen. Und das war wohl auch der Grund dafür, dass Sie nicht zugehört haben: Der Vortrag hat Ihnen nichts gegeben. Will heißen: Er hatte keinen Nutzen, der Sie angesprochen hat.

Unsere Zeit ist eines der kostbarsten Güter, die wir besitzen. Wenn wir sie irgendjemandem schenken, dann nur aus einem triftigen Grund. Meistens, weil da etwas für uns rausspringt. Wecken Sie in Ihrem Publikum die innere Stimme, die es zum Zuhören zwingt:

„Hör gefälligst zu! Das kann Dir was bringen!“

2. Gute Rhetorik will informieren, unterhalten und bewegen.

Grundsätzlich will Rhetorik seit ihrer Geburtsstunde vor mehr als 2000 Jahren immer nur das Gleiche:

  • Informieren
  • Unterhalten
  • Bewegen

Die letzten Beiden sind emotional, das Erste rational. Präsentieren Sie auf unterhaltsame Art, dann nimmt sich auch die Lesung des Hamburger Telefonbuchs plötzlich wie ein fesselnder Thriller aus. Wie die zwei US-amerikanischen Psychologen Petty und Cacioppo 1986 herausfanden, nehmen Menschen Informationen prinzipiell über zwei Kanäle auf: über eine zentrale und über eine periphere Route.

Die zentrale Route ist vornehmlich von Rationalität geprägt: Hier zählen Ihre Argumente, Ihre „harten Fakten“. Dabei geht’s meist um Nützlichkeits-Erwägungen. Ihr Publikum sind da meist Leute, die Ahnung vom Thema haben und sich dafür interessieren.

Über die periphere Route läuft eine emotionale Informations-Verarbeitung. Im Gegensatz zur rationalen Zentral-Route haben Ihre Zuhörer wenig Interesse am Thema und sind deshalb schon von sich aus lustloser. Deshalb müssen Sie hier einen besonders unterhaltsamen Köder auswerfen.

Wollen Sie Ihre desinteressierten Zuhörer zum Aufpassen bewegen, müssen Sie sich fragen, wie hoch deren Interesse am Thema ist:

  • Hohes Interesse = rationale Argumente. D. h.: Liefern Sie einen Nutzen!
  • Niedriges Interesse = emotionale Ansprache. D. h.: Unterhalten Sie!

Vergessen Sie aber nie, dass eine gute Mischung aus Inhalt und Unterhaltung der Schlüssel zum rhetorischen Erfolg ist. Mischen Sie also gut! Aber wie gelingt es Ihnen nun, über Ihre gesamte Rede hinweg Interesse zu erwecken?

Indem Sie bspw. fesselnde Geschichten erzählen. Wir lieben Geschichten. Geschichten verdeutlichen komplexe Sachverhalte, unterhalten und inspirieren uns… Kurz: Eine kleine Story am Anfang oder in der Mitte der Präsentation macht auch Nilpferde glücklich…

Die Stimme ist ein Emotions-Faktor, der ebenfalls aufhorchen lässt:

  • Sprechen Sie je nachdem mal lauter, mal leiser.
  • Variieren Sie das Sprechtempo: mal schneller, mal langsamer.
  • Achten Sie auf eine klare und deutliche Aussprache.

3. Nutzen Sie das Publikum!

Das Publikum ist auf zwei Arten sehr hilfreich für Sie:

a. Orientieren Sie sich an den Zuhörern

Die Leute wollen dem Redner ja zuhören, aber sie verstehen ihn oft nicht…

„Sprechen Sie als Redner daher immer in der Sprache Ihrer Zuhörer.“

Was bedeutet das? Reden Sie so, wie Ihr Publikum es im ganz normalen Alltagsgespräch tun würde. Benutzen Sie vor einem Gremium von Führungskräften Management-Vokabular, vor jungen Leuten eher Jugendsprache usw. Aber übertreiben Sie’s nicht: Sie dürfen sich nicht anbiedern. Ein lockerer, gehobener umgangssprachlicher Ton genügt vollauf. Das Wichtigste dabei ist:

Die Sprache sollte zu Ihrem Publikum und zu Ihnen selbst passen.

Ein guter Rhetorik-Trainer empfiehlt grundsätzlich kurze, einfachere Sätze, da man diese leichter versteht. Verständnis ist meist eines der größten Hindernisse für Aufmerksamkeit.

b. Was hilft am meisten gegen das Weg-Dösen von gelangweilten Teilnehmern?

Richtig: action. Aktivieren Sie Ihr Publikum! Fragen sind dafür wunderbar geeignet:

  • Sie können ein Stimmungsbild erstellen, indem Sie eine Frage in die Runde stellen.
  • Sie können die Leute zum Nachdenken anregen – also zum Aktiv-Werden.

Eine Aufforderung aktiviert auch unsere Nilpferde. Wer von den Anwesenden fährt ein Auto Baujahr 2002? Los, die stämmigen Beinchen hoch! Sie werden sehen, wie munter Ihr Publikum plötzlich sein kann.

4. Spinnen Sie im Vortrag einen roten Faden

Verständnis und aufmerksames Zuhören werden auch durch Ordnung erleichtert. Wir Menschen lieben Ordnung. Wenn die Socken da liegen, wo sie hingehören – nämlich in der Schublade –, dann finden wir sie morgens sogar noch im Halbschlaf. Wenn sie im Kühlschrank liegen, dann wird’s kritisch: Nach ewiger Sucherei und einigen Flüchen – Ist schon wieder Montag?! – werden Sie vielleicht erst dann fündig, wenn Sie barfuß in der Küche stehen und Milch für Ihren Kaffee suchen.

Ordnung erleichtert irgendwie das Leben. Dasselbe gilt für gute Präsentationen oder Reden. Und fürs aufmerksame Zuhören. Fragen Sie sich also bei der Vorbereitung immer:

  1. Was ist die Botschaft meiner Rede? Was ist die Aussage?
  2. Was ist mein Call to Action: Welche Handlungen, Gefühle, Einschätzungen sollen die Leute nach meinem Vortrag haben?

Kleiner Tipp der Rhetorik-Profis am Rande: Eine Rede – aber auch eine Präsentation – erstellt sich viel leichter, wenn Sie mit dem Schluss anfangen. Dann wissen Sie haargenau, wohin sie führen soll.

5. All you need is … das Allernötigste

Okay, es ist verdammt schwer. Aber es muss sein. Ich weiß, es gibt so verdammt viel Interessantes oder absolut Wichtiges zu sagen. Da muss man doch… Nein, muss man nicht. Sagen Sie nur das Allernötigste, denn:

Eine Präsentation ist dann gut, wenn Sie nichts mehr weglassen können.

Wenn das absolut Essentielle drin ist, haben Sie die Gefahr gebannt, die Leute zu langweilen. Was heißt „das absolut Essentielle“? Selbstverständlich ist das abhängig vom Thema, vom Publikum usw. Grundsätzlich können Sie sich dabei grob an diesen drei Entscheidungs-Helfern orientieren:

  1. Es braucht keine Vollständigkeit. Weniger tut’s auch. Sinnvoll muss es sein.
  2. Nur Ihre wichtigsten Argumente. Meist kann man sie auf drei reduzieren.
  3. Alles, was der Überzeugung dient, rein. Alle anderen nice-to-haves: Raus!

Halten Sie sich dabei an den klugen Rhetorik-Tipp von Aristoteles:

„Allein der Zuhörer ist richtunggebend.“

Das bedeutet: Was das Publikum für wichtig oder überzeugend hält, das kommt rein. Sie wollen ja Ihr Publikum bei Laune halten. Also spielt all das eine Rolle, was die Leute interessiert. Oder was sie denken. Greifen Sie ein Beispiel aus der Welt auf: Etwas, das Ihren Sachverhalt verdeutlicht, indem es an die allgemeinen Lebenserfahrungen der Leute anknüpft. Plötzlich erscheint alles verständlich und relevant für die Zuhörer.

Fazit

Um das Eis zu brechen und das Interesse der Leute zu wecken, braucht es keine Oscar-reife Gala-Vorstellung. Diese 5 rhetorischen Eisbrecher reichen schon aus, damit Sie gut gerüstet sind für den erfolgreichen Umgang mit gelangweilten Teilnehmern:

  1. Liefern Sie Ihrem Publikum einen konkreten Nutzen, warum es Ihnen zuhören soll.
  2. Präsentieren Sie rationale Fakten auf unterhaltsame Weise: durch Ihre bildreiche, verdeutlichende Sprache, Geschichten und Stimm-Variationen. Denken Sie an die zentrale und periphere Route!
  3. Aktivieren Sie Ihr Publikum mit Fragen und Aufforderungen.
  4. Machen Sie einen roten Faden sichtbar: eine klare Struktur, eine Botschaft, ein Call to Action.
  5. Sagen Sie nur das Allernötigste. Zu viel Info kann langweilen.

Und zum Schluss: Der wahrscheinlich wertvollste Tipp ist:

Fragen Sie nach dem Publikum: Was es am interessantesten findet, wird Ihnen Aufmerksamkeit bescheren.

Haben Sie einen guten Tipp, um das Interesse des Publikums zu wecken, der hier noch nicht steht? Dann rein damit in die Kommentare!

 

 

Foto: Tink66 / pixelio.de



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